Wie geschlechterneutral sind Elektroautos? Erste „Marianne-Schminder-Professur“ der Uni Magdeburg erforscht Abhängigkeit von Technologieentwicklung und Geschlecht.

15.05.2019

Mit der Soziologin Dr. Andrea Wolffram, wurde zum ersten Mal an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die „Marianne-Schminder-Gastprofessur für Geschlechterforschung“ besetzt. Die auf zwei Jahre angelegte Professur fördert Wissenschaftlerinnen, die sich neben ihrem eigentlichen Forschungsschwerpunkt der Genderforschung widmen.

Dr. Andrea Wolffram ist eine anerkannte Expertin auf dem Gebiet der Technik- und Organisationssoziologie und Geschlechterforschung und untersucht unter anderem Wissenschaftskarrieren von Frauen in technischen Berufen und technischen Disziplinen im deutschen Hochschul- und Forschungssystem. Sie analysiert, wie Erfindungen und neue Technologien in der Vergangenheit und heute von wem genutzt wurden und werden, welche Geschlechterverhältnisse sich in Technologien einschreiben und damit auch welche unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse von Frauen und Männer im Entwicklungsprozess von Technologien Berücksichtigung finden. Ihr Fokus in Forschung und Lehre an der Fakultät für Maschinenbau der Universität Magdeburg liegt darauf, die Einflüsse von Geschlechterrollen auf moderne Technologieentwicklung zu erforschen, insbesondere in Bezug auf Nutzung von Elektromobilität.

„Technik ist nicht neutral“, so Gastprofessorin Dr. Wolffram auf ihrer Antrittsvorlesung. „Schon immer sind gesellschaftlich definierte Geschlechterrollen ein zentraler Faktor sozialer Ungleichheiten bei technologischen Entwicklungen gewesen.“ Schon als in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts das Fahrrad erfunden wurde, habe die damalige Mode verhindert, dass Frauen von der Entwicklung profitierten. Das gelte genauso für die Durchsetzung des Verbrennungsmotors in Automobilen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. „Bis heute gelten vor allem die PS-starken Versionen als männlich. Im Gegensatz dazu wurde der Wandel hin zum Elektroauto in den Medien zunächst hauptsächlich durch Mobilitätsmotive und
–bedürfnisse verbunden, die mit Frauen assoziiert werden. Entsprechend wird an Frauen die Botschaft gesendet - es ist so kinderleicht, auch ohne technikaffin zu sein, die E-Autos aufladen zu können. Jüngste Entwicklungen in der Elektromobilität ermöglichen nun aber wieder die Verknüpfung von Männlichkeit mit dem Auto als Abenteuermaschine.“

Die Gastprofessur ist benannt nach Prof. Dr. Marianne Schminder, die ab 1961 Professorin für Nichtmetallische Werkstoffe in den Ingenieurwissenschaften der Technischen Hochschule Magdeburg, einer Vorgängerinstitution der Otto-von Guericke-Universität Magdeburg, war. Sie promovierte 1961 als „erster Doktorand“ am Institut für Werkstoffkunde und –prüfung. Nach der Habilitation 1967 folgte zwei Jahre später ihre Berufung. Als Seiteneinsteigerin erwarb sie mehrere Patente und erwarb sich Achtung durch ihr Engagement in der Lehre sowie im Frauenausschuss der Technischen Hochschule Magdeburg.

„Mit der ‚Marianne-Schminder-Professur‘ haben wir neben der ‚Dorothea-Erxleben-Professur‘ die zweite Möglichkeit geschaffen, um gezielt Frauen in der Wissenschaft zu fördern“, so der Rektor, Prof. Dr.–Ing. Jens Strackeljan. „Sinnvollerweise eng angelehnt an unser ingenieurtechnisch-naturwissenschaftliches Profil. Das leisten sich nicht viele Universitäten.“ Aber die Aufarbeitung und Kenntnis von einer Geschlechterperspektive in der Technik sei wesentlich für künftige gesellschaftliche Gestaltung, gerade für eine Universität mit ingenieurwissenschaftlichem Profil. „Ohne Kenntnis der historischen Erfahrungen können wir künftig nicht erfolgreich sein.“

Quelle: www.uni-magdeburg.de

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