Anne

Maschinenbau

Porträt Anne Elisabeth Krüger

Wie bringt man Menschen auf neue Ideen und Lösungen? Und wie geht Innovation? Die Maschinenbau-Ingenieurin Anne Elisabeth Krüger zeigt Teams, wie sie innerhalb kurzer Zeit einzigartige Ideen für die Bedürfnisse ihrer Kunden entwickeln, die auf dem Markt funktionieren.

In Ihrem Werkzeugkasten stecken weder Hammer oder Schraubendreher, sondern Legosteine, Stifte in allen erdenklichen Farben und jede Menge Post-its. Ganz schön ungewöhnlich für eine Maschinenbau-Ingenieurin, oder?

Wieso? Wenn man Medizin studiert, kann man hinterher ja auch in ganz unterschiedlichen Fachbereichen arbeiten, von der Chirurgie bis zur Kinderheilkunde. Das ist beim Maschinenbau genauso. Ich kann jetzt Technik und Design verbinden, das ist mein Traumjob am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart.

Wie sind Sie dort hingekommen?

Nach dem Abitur und einer Beratung am Arbeitsamt meiner Heimatstadt Leipzig habe ich mich an der TU Darmstadt für Maschinenbau eingeschrieben. Das war nicht schlecht, aber mir fehlte das Gestalterische. Besonders gut gefallen hat mir die Vorlesung „Mensch-Maschine-Interaktion“ – mir war klar, dass dieses Thema bei zunehmender Digitalisierung immer wichtiger wird. Der Professor, der diese Vorlesungen hielt, hat es mir dann ermöglicht, am schwedischen Ingvar Kamprad Design Centrum (benannt nach dem IKEA-Gründer) neben Maschinenbau noch Industriedesign zu belegen. So fuhr ich nach dem Grundstudium nach Lund.

Das ist ganz schön mutig, wenn man kein Wort Schwedisch spricht ...

Es ging schon (lacht). Zuerst war ich in englischen Vorlesungen und nach sechs Monaten mit Intensivkurs und vielen Gesprächen in meiner WG ging das auch auf Schwedisch. Was mir dort auch richtig gut gefiel: Die Hälfte meiner Maschinenbau-Kommilitonen waren Frauen.

Haben Sie dort auch Ihre Diplomarbeit geschrieben?

Nein, das habe ich wieder in Darmstadt gemacht. Dort habe ich untersucht, wie sich Produkte emotional aufladen lassen. Und dann ging ich nach Potsdam, um an der d.school des Hasso-Plattner Instituts meine Kenntnisse über Design Thinking zu vertiefen. Da geht es darum, wie man nutzerzentrierte Produkte und Dienstleistungen methodisch entwickelt und über die Wir-Intelligenz zu einer kreativeren Zusammenarbeit kommt. Und während eines Praktikums bei Porsche in Stuttgart wurde mir noch etwas klar: Dort haben wir in den Pausen immer über Autos gesprochen, das lag ja nahe. Aber ich interessiere mich doch eher für das größere Ganze. Da bin ich in der angewandten Forschung bei Fraunhofer besser aufgehoben.

Was genau machen Sie in Ihrer Abteilung Human-Computer-Interaction?

Wir entwickeln dort interaktive Systeme und intelligente Applikationen für Kunden. Zu meinen Aufgaben gehört es, Workshops und Programme für Unternehmen zu entwerfen, die ihre Innovationskraft nachhaltig verändern wollen. Denn immer nur sitzen und nachdenken bringt auf Dauer wenig wirklich Neues hervor. Da bleiben viele gute Ansätze in den Köpfen versteckt und führen gar nicht erst zu den wirklich relevanten Fragestellungen im Innovationsprozess von Produkten oder Dienstleistungen. Was für den Unternehmenserfolg nicht gerade von Vorteil ist.

Wie lässt sich diese Kreativität denn rauslocken?

Ich stärke in den Workshops erst mal das kreative Selbstbewusstsein der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dann lasse ich sie zum Beispiel mit Legosteinen bauen, was ihnen zum Thema Kommunikation in der Familie einfällt. Lego® Serious Play® ist eine Methode, die Hand und Gehirn verbindet und so unbewusstes Wissen aktiviert und neue Verknüpfungen schafft. Und sie bezieht garantiert alle Teammitglieder aktiv in die Analyse- und Ideenfindungsprozesse mit ein.

Eine andere Methode ist das Improvisationstheater, mit dessen Übungen ein Wechsel auf die emotionale Ebene gelingt, in die eigene Intuition, und das führt ebenfalls zu neuen Impulsen. Diese und noch weitere Aspekte gehören auch zu dem von uns entwickelten Innovationsansatz „Building Ideas“, bei dem wir Elemente aus dem Lego® Serious Play® mit Design Thinking und User Experience verbinden und so mithilfe von ungewöhnlichen Materialien und psychologischen Kniffen die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer herauskitzeln, die später darüber entscheiden, ob sie mit dem Produkt zufrieden sind.

Wie viel hat das noch mit Ihrem Maschinenbau-Studium zu tun?

Ich weiß, wie ich kommunizieren muss, damit Ingenieure die Methoden akzeptieren und dann auch anwenden.

Sprudeln bei Ihnen selbst denn tatsächlich immer die Ideen?

Zum Glück hatte ich schon immer die Gabe, auf ziemlich verrückte Ideen zu kommen. Aber ich hole mir meine Inspiration auch außerhalb des Instituts, zum Beispiel auf längeren Reisen. In den letzten Jahren war ich zweimal fünf Wochen lang in Lappland, habe auf einem Rentierhof und in einem Café gearbeitet, einfach ganz anders gelebt als zu Hause. Wenn man wach und mit offenen Augen durchs Leben geht, kann man eigentlich von jedem Menschen etwas lernen.

Was soll Ihnen die Zukunft bringen?

Zunächst vielleicht die Dissertation zum Thema Building Ideas. Und weitere Vorlesungen. Ich bin Lehrbeauftragte unter anderem für das Fach InformationExperienceDesign an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Es macht mir großen Spaß, das weiterzugeben, was ich gelernt habe. Und was dann kommt – dazu werde ich sicher zur rechten Zeit eine gute Idee haben. Ich weiß ja, wie ich die anlocke.

Interview: Ines Bruckschen

Bild: privat

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