Leila

Elektrotechnik

Porträt Leila Mekacher

Dr. rer. nat. Leila Mekacher hat an der TU Kaiserslautern Elektrotechnik studiert und an der Universität Heidelberg zum Thema Robotik und Softwaretechnik promoviert. Ihr Interesse für Technik hat sie bereits in ihrer frühen Kindheit entwickelt.

Was hat Sie dazu bewogen, dieses Studium zu realisieren? Haben Sie erst eine andere Richtung eingeschlagen?

Vom 5. bis zum 18. Lebensjahr war ich auf der Schule in Tunesien. Die drei Monate Sommerferien habe ich aber in Deutschland verbracht. Ich kannte zwar einige Kinder hier, aber mit meinem fünf Jahre älteren Bruder habe ich die meiste Zeit der Ferien verbracht. Er hat Zeitschriften für Elektronik gelesen, Schaltungen nachgebaut und experimentiert. Ich fand das alles spannender als mit meinen Puppen zu spielen und so bin ich zu seiner technischen Assistentin geworden. Meine Liebe zu Technik wuchs mit der Zeit und ich durfte in der Familie defekte Geräte reparieren -  Stromschläge und kleine Verbrennungen inklusive.

Die Reise ging weiter, als ich mich für das technische Gymnasium entschieden habe. Unsere Labore waren sehr modern und die meisten Anlagen waren Computer-gesteuert. Ich fand übrigens die Idee mit den weißen Kitteln für die Schüler/innen des technischen Gymnasiums total attraktiv. Diese haben uns in der Öffentlichkeit als „MINT-Schüler/innen“ sichtbar gemacht, worauf wir sehr stolz waren.

Technische Gymnasien waren in Tunesien auch nicht sehr weit verbreitet und somit war es ein Highlight, so eine Ausbildung zu absolvieren. Mit 18 habe ich mein Abitur abgeschlossen und gehörte zu den 30 besten Abiturient/innen der ganzen Republik. Ich war unter den 15 Abiturient/innen, die sich für ein Studium in Deutschland entschieden haben. Nach einem einjährigen Sprachkurs durften wir zwar unsere Wunschuniversität frei aussuchen, aber die Vorgabe war zwischen Elektrotechnik, Maschinenbau und Informatik auszuwählen. Ohne zu zögern habe ich mich für Elektrotechnik entschieden und zwar an der TU Kaiserslautern.

Haben Sie bereits vor oder während des Studiums praktische Erfahrungen gesammelt?

Meine praktische Erfahrung während des Studiums habe ich durch Praktika, Nebenjob, Girls’Day sowie leitende Positionen gesammelt.

  • Praktikum bei der Firma METS (Filiale von Dräxlmaier Group in Vilsbiburg) in Tunesien
  • Fachpraktikum und Mitarbeit bei der Firma MOBOTIX in Kaiserslautern
  • Angebot des Girls‘Day an der TU-Kaiserslautern und an der Uni Heidelberg
  • Leitung der Ziti-Forschungsgruppe für unbemannte Luftfahrzeuge „UAV: Unmanned Aerial Vehicles“
  • Mitglied der Forschungsgruppe „Dependable Robotics“
  • Mitglied der Gleichstellungskommission an der Fakultät für Mathematik und Informatik der Uni Heidelberg

Waren Sie in bestimmte Netzwerke oder Hochschulprogramme involviert, die Sie unterstützt haben?

Während meines Studiums und bis heute arbeite ich in verschiedenen Landesprojekten zur Förderung von Schülerinnen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik sowie in Mentoring-Projekten mit:

  • Ada-Lovelace Projekt der TU Kaiserslautern.
  • „WiN-KL“ Women in Network, wissenschaftliches Netzwerk Kaiserslautern.
  • Mentoring-Projekt für Nachwuchswissenschaftlerinnen, TU Kaiserslautern
  • „Transfer-Together“ der Pädagogischen Hochschule Heidelberg

Welchen Rat würden Sie einer Schülerin mit auf den Weg geben, die überlegt ob sie in einem MINT-Fach studieren soll?

Schülerinnen sollten jede Chance nutzen, um mehr über MINT-Berufe zu erfahren z. B. durch Teilnahme an Exkursionen, Informationsveranstaltungen, Girls‘Day, Experimentier-veranstaltungen an technischen Museen und in Gesprächen mit Frauen in MINT-Berufen. Vorbildfrauen spielen im Leben von Mädchen eine sehr wichtige Rolle z.B. in der persönlichen Weiterentwicklung, Unterstützung bei der Berufs- und Studienwahl sowie bei allen Fragen rund um MINT-Studiengänge und -Berufe. Wichtig ist vor allem der regelmäßige Kontakt über einen längeren Zeitraum. Schülerinnen sollten sich frühzeitig in Mentoring-Projekte und Frauen-Netzwerke einbinden, um die Möglichkeit zu bekommen, ihre eigenen Fähigkeiten für MINT zu entdecken und durch praktische Angebote zu ergänzen. Das stärkt sicherlich bei ihnen das Selbstbewusstsein und macht sie bereit für den spannenden Weg in die MINT-Berufe.

In Ihrer Freizeit beschäftigen Sie sich am liebsten mit…

Ich bin leidenschaftliche Schützin beim Polizeisportverein Mannheim. Dieser Schießsport hat viel mit Meditation und autogenem Training gemeinsam. Es erfordert ein hohes Maß an Geduld und Konzentration. Das Trainieren und die Steigerung dieser Fähigkeiten haben wiederum positive Wirkung aufs Arbeitsleben.

Wo und ich welcher Position arbeiten Sie?

Ich arbeite seit Mai 2017 als wissenschaftliche Lehrkraft für Elektrotechnik und Elektronik an der Berufsschule des SRH Berufsbildungswerks Neckargemünd. Ich unterrichte Elektroniker/innen für Geräte und Systeme, für Informations- und Systemtechnik, für Energie- und Gebäudetechnik sowie für Automatisierungstechnik. Parallel dazu bin ich Dozentin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim und unterrichte Elektrotechnik, Digitaltechnik und Elektronik.

An welchen Projekten arbeiten Sie zurzeit?

Im Jahr 2017 habe ich in unserem SRH Berufsbildungswerk eine „Robotik AG“ ins Leben gerufen. Durch die Mitwirkung motivierter Azubis ist diese AG schnell zu einem technischen Kompetenzbereich namens „tec- technological education center“ herangewachsen. Tec ermöglicht den Azubis den Zugang zu Spitzentechnologie und verschafft ihnen gleichzeitig eine wertvolle technische Zusatzqualifikation. Mit tec konnte ich Kooperationen mit der Industrie anbahnen und Projekte durchführen sowie Institutionen und Hochschulen als Forschungspartner gewinnen.

Darüber hinaus biete ich ein Robotik-Kurs für Schülerinnen und Schüler der 4. und 5. Klasse an. In diesem Kurs werden Lego-Roboter gebaut und programmiert. Die Aufgaben sind vielseitig und abwechslungsreich. Neben den Grundlagen der Programmierung wird Fachwissen zu Roboter-kinematik, Sensoren, Motoren sowie mathematische Grundlagen zur Berechnung der Roboterbewegung spielerisch vermittelt. Interessante Einsatzszenarien, die den neuesten Stand der Technik reflektieren, werden ebenfalls besprochen. Das fördert die Kreativität und das innovative Denken der Teilnehmenden.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus?

Mein Arbeitsalltag ist abwechslungsreich! Das liegt daran, dass ich oft am selben Tag sowohl an der Berufsschule als auch an der Hochschule unterrichte. An solchen Tagen erlebe ich unterschiedliche Gespräche und Unterrichtssituationen sowie lustige Ereignisse. An anderen Tagen bin ich nach dem Unterricht im „tec“ bei meiner motivierten Arbeitsgruppe. Wir arbeiten an unseren Projekten in einem sehr angenehmen, kooperativen und enthusiastischen Arbeitsklima.

Ist es für eine Frau schwieriger in einem eher männerdominierten Berufsfeld zu arbeiten? Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gemacht?

Ich habe bisher nur gute Erfahrungen mit männlichen Kollegen gemacht, da ich die Zusammenarbeit nicht nur auf das Fachlich-Inhaltliche beschränke, sondern immer eine zwischenmenschliche kollegiale Arbeit in einem interdisziplinären Team anstrebe. Ich denke, dass ich durch meine multikulturelle Prägung und Ausrichtung gute Fähigkeit zur Anpassung an unterschiedliche Persönlichkeiten habe. Ich habe oft Kooperationen mit der Industrie und freier Wirtschaft angebahnt und durchgeführt. Ich habe auch Forschungsinstitute sowohl in Deutschland, als auch im Ausland besucht und mit Ihnen gemeinsam Konzepte für Kooperationsprojekte erarbeitet. In diesen Begegnungen wurde ich ernst genommen und habe die volle Aufmerksamkeit bekommen. Ich denke, wenn man seine Arbeit gut macht, gibt es keinen Grund für die Hemmung bei genderspezifischen Berufen und wenn die Persönlichkeit mitspielt öffnen sich viel mehr Türen als man denkt.

Welche besonderen Vorkenntnisse, Fähigkeiten und Interessen braucht man für Ihren Beruf?

Die Liebe zur Technik, Offenheit für Neues und ganz wichtig ist die Networking-Kompetenz. Durch den Austausch in einem Netzwerk mit vielfältigem und breitem Themenspektrum erwirbt man in sehr kurzer Zeit neues Wissen und profitiert vom Erfahrungsaustausch. Die Arbeitswelt entwickelt sich stetig weiter. Aus diesem Grund verjährt Wissen sehr schnell. Networking ist eine der effektivsten Methoden, um informiert zu sein und das eigene Fachwissen auf dem aktuellsten Stand zu halten sowie die neuesten Entwicklungen aus anderen Bereichen mitzubekommen. Dies ist für uns Frauen sehr wichtig, da wir außerhalb unserer Arbeitszeiten eher mit Kindern, Haushalt und sozialen Aktivitäten zu tun haben und somit kaum Möglichkeiten und Zeit zur Weiterentwicklung.

Was fasziniert Sie an Ihrer Tätigkeit am meisten?

In meiner Lehrtätigkeit in einer Einrichtung für Menschen mit speziellem Förderbedarf arbeite ich mit kleinen Gruppen, anders als an der Hochschule oder früher an der Universität. Hier bietet sich der Vorteil, dass man öfter mit diesen jungen Menschen ins Gespräch kommt und sie besser persönlich kennen lernt. Durch spontane Gespräche bekommt man Einblicke in ihre Interessen, Talente, Bedürfnisse und Herausforderungen. Man lernt andere Sichtweisen kennen. Dadurch befand ich mich oft in der Rolle einer Mentorin, die ich mit Leidenschaft ausübe. Die Arbeit mit dieser Zielgruppe inspiriert mich immer wieder aufs Neue und gibt mir die Kraft einiges in meiner Umgebung zu bewegen und zu verändern.

Sind Sie in Projekten/Maßnahmen aktiv, die es sich zum Ziel gesetzt haben, junge Menschen für MINT zu begeistern? Wenn ja, wie versuchen Sie, dieses Ziel umzusetzen?

Wie ich es in einem vorherigen Punkt erwähnt habe, bin ich seit 2002 in unterschiedlichen Mentoring-Programme aktiv und neuerdings auch als Cyber-Mentorin. Während meiner Arbeit in Mentoring-Projekten zur Förderung von Mädchen in MINT-Berufen führte ich Schulbesuche und Podiumsdiskussionen mit Schülerinnen durch, um ihnen Wissen zu vermitteln und über eigene Erfahrungen und Erfolgserlebnisse zu berichten. Ich habe auf Messestände Löt- und Elektrotechnik-Workshops für Mädchen angeboten, wo sie Schaltungen (z.B. Diodenmännchen und Lauflicht) fertigen und als Erinnerung an das Erfolgserlebnis mitnehmen durften. In Zusammenarbeit mit anderen Mentees haben wir Workshops für stabiles Bauen und Roboter-programmierung (Roberta-Initiative des Fraunhofer IAIS) angeboten.

Mir persönlich ist es sehr wichtig, junge Frauen auf Berufe und Studiengänge in MINT aufmerksam zu machen. Aktuell und durch meine Rolle als MINT-Botschafterin sowie Leiterin des tec, möchte ich neue Projekte und Veranstaltungen initiieren. Ich bin dabei einige motivierte Auszubildende in meiner Arbeitsgruppe auf Ihre Rollen als Mentorinnen vorzubereiten. Junge Menschen, die auch gesellschaftlich etwas bewegen möchten, sind für diese Rolle genau richtig. Mit ihnen gemeinsam erarbeite ich Konzepte für Angebote, die wir an Schulen in der Umgebung anbieten können. Ich persönlich würde gerne Schülerinnen einladen, die mich einen ganzen Tag am Arbeitsplatz begleiten dürfen damit ich ihnen Einblicke in meinen persönlichen Arbeitsalltag geben kann.

Wie schaffen Sie es, Beruf und Familie zu vereinbaren?

Ich habe meine Kinder während des Studiums bzw. Promotion bekommen und zwar parallel zu meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Mir war klar, dass ich so schnell wie möglich wieder arbeiten wollte. Die Vereinbarung von Beruf und Familie erfordert enormes Zeitmanagement. Ich musste meinen Tagesablauf bewusst planen, damit meine Kinder meine Liebe und Zuneigung intensiv bekommen ich aber auch meiner Arbeit die höchste Konzentration schenken konnte. Denn im MINT-Bereich und vor Allem wenn man auf dem Laufenden bleiben möchte bzw. Forschung betreibt, beschränkt sich die Arbeitszeit nicht nur auf die Stunden, die man am Arbeitsplatz verbringt, sondern häufig auch darüber hinaus. Aus diesem Grund würde ich eine Änderung der Kinder-Betreuungssituation in Deutschland sehr begrüßen. Auch eine Änderung der Arbeitskultur wäre aus meiner Sicht ebenfalls von Vorteil. Auch in MINT-Berufen stehen Frauen häufig vor der Entscheidung zwischen Karriere und Familie.

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