Petra

Informatik

Porträt Petra Gospodnetic

Hüterin des Lichts – oder wie man Kratzer im Lack finde. Ob Auto, Ledermantel oder Schranktür: Oberflächen müssen makellos sein, um sich gut zu verkaufen oder perfekt zu funktionieren. Dass diese Makellosigkeit künftig automatisch geprüft werden kann, dafür sorgt Petra Gospodnetic.

Sie erforschen, wie sich die Qualität von Oberflächen automatisch prüfen lässt. Wie können wir uns das vorstellen?

Ich entwickle Algorithmen zur automatischen Oberflächen-Inspektion über einen Roboterarm, der sich um den Gegenstand dreht. Dadurch lassen sich alle Oberflächen, von der Autokarosserie bis zum Ledermantel, auf Schäden prüfen.

Dabei spielt die Bildverarbeitung eine große Rolle. War das schon immer Ihr Berufswunsch?

Meine Interessen waren immer sehr breit gefächert. Nach dem Unterricht im humanistischen Gymnasium in Zagreb arbeitete ich bereits als Fotografin – humanistische Bildung gibt übrigens einen guten Überblick über alle Wissensgebiete, finde ich. Nach dem Abitur wollte ich entweder Fotografin oder Ärztin werden oder etwas Technologisches machen. Mit dem Studium „Electrical Engineering and Computing“ an der Universität Zagreb bekam ich zumindest die Fotografie und die Technologie gut unter einen Hut. Im Studienfach „Image Processing“ entwickelte ich zusammen mit fünf Kommilitonen zum Beispiel einen Algorithmus, mit dem man aus mehreren nur teilweise scharfen Bildern ein komplett scharfes gewinnt. Überhaupt gefielen mir im Studium vor allem die angewandten Projekte und konkreten Problemlösungen.

Was hat Sie dann nach Deutschland gelockt?

Die Bildverarbeitung schien mir damals in Kroatien noch nicht sehr weit fortgeschritten, deshalb bewarb ich mich am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern – ohne eine klare Vorstellung davon zu haben, was für eine Organisation Fraunhofer eigentlich ist. Ich bekam die Praktikantenstelle für automatische Bildinspektion von Fahrzeuggetrieben, und gegen Ende des Praktikums fragte mein Chef, ob ich nicht meine Master-Arbeit in seiner Abteilung schreiben wolle. Mein Thema wurde die Nutzung von Computergrafiken bei der visuellen Oberflächeninspektion.

Was ist das Besondere an der von Ihnen mitentwickelten „umlaufenden Inspektion“?

Ein Roboter-gestütztes System inspiziert automatisch Oberflächenfehler und ist besonders effektiv bei komplexen Freiformoberflächen wie gebogenen Bauteilen. Der Roboter nutzt ein CAD-Modell, inspiziert das Objekt und findet dabei sämtliche Kratzer und Dellen. Auf Messen präsentieren wir dieses System bereits. Man könnte sagen, dass ich so auch den Arztberuf ein bisschen integriert habe: Wir diagnostizieren mit Bild-Technologie, woran Oberflächen kranken.

Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?

Ein Kunde – aus den unterschiedlichsten Branchen – wünscht eine Fehleranalyse seiner Oberflächen. Wir bauen dann ein System, also einen Prototypen, zur Inspektion und probieren verschiedene Bildverarbeitungs-Algorithmen aus.

Welcher Punkt fasziniert Sie am meisten an der Bildverarbeitung?

Die Vielfältigkeit! Man kann in jedem Bereich damit arbeiten, von der Grafik bis zur Medizintechnik.

Wie gefällt Ihnen Ihr Arbeitsumfeld?

Ich mag die Atmosphäre hier, es ist entspannt und trotzdem effizient, ich kann sogar meinen Hund mit zur Arbeit bringen. Wenn ich Hilfe brauche, ist immer jemand da und Projekte werden oft im Team realisiert. Gleichzeitig schätze ich die vielen Möglichkeiten: Fraunhofer und die Universität Kaiserslautern bieten mir die Möglichkeit zu reisen und meine Fühler auszustrecken. So war ich vergangenen Herbst zum wissenschaftlichen Austausch in Los Alamos, USA.

Konnten Sie Unterschiede zwischen der Forschung in den USA und in Deutschland feststellen?

Tatsächlich hat mich anfangs die Arbeitsweise dort überrascht. Ich gehe in der Regel recht strukturiert vor und bin von Fraunhofer stringent organisierte Prozesse gewohnt. In Los Alamos wechselten dagegen die Projekte und Arbeitsweisen sehr häufig. Aber daran habe ich mich bald gewöhnt. Als ich sah, dass eine Kollegin an einem Programm für die Simulation der Meeresströme arbeitete, brachte ich mich in das Projekt ein. Die Analyse der Ströme erfolgte auf verschiedenen Ebenen und benötigte enorme Rechnerleistungen. Meine Aufgabe war es, die ungeheuren Datenmengen zu filtern und zu visualisieren. Dadurch ließen sich die Bewegungen und Entwicklungen der Meeresströme über eine bestimmte Zeitspanne ablesen – sehr spannend!

Gerade promovieren Sie am Fraunhofer ITWM und der Uni Kaiserslautern. Worum geht es?

Ich will einen Prozess entwickeln, um das Verfahren zu generalisieren. Dadurch sollen auf allen Oberflächen sämtliche Fehler entdeckt werden, unabhängig von der geometrischen Komplexität und dem Verhalten bei unterschiedlicher Lichteinstrahlung. Dafür will ich vier große Bereiche verknüpfen: Bildverarbeitung, Maschinelles Lernen, Computergrafik und Robotik.

Haben Sie sonst noch nennenswerte Projekte gestemmt?

Letztes Jahr nahm ich am Google Summer of Code teil und im Mai war ich für Fraunhofer Jurymitglied bei den STEM Games Kroatien, einem internationalen Wettbewerb, bei dem Studierende in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen Probleme lösen müssen.

Was begeistert Sie privat?

Ich liebe Tiere. Mit meiner Schwester zusammen habe ich während des Studiums ein internationales Pferde-Portal gegründet, auf dem sich Reiter und Pferdeliebhaber, vorwiegend aus den Balkanländern, austauschen konnten. Dafür habe ich jetzt leider keine Zeit mehr, mein Lebensmittelpunkt liegt mittlerweile in Kaiserslautern. Aber so oft ich kann, fahre ich mit meinem 20 Jahre alten roten Auto zu meiner Familie nach Kroatien.

Text: Gabriele Winter, Foto: privat

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